Jasna Góra

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Freitag, 23. Januar 2015

Adam Kardinal Sapieha und das Seelenheil


Adam Sapieha
Als ich 2012 in Polen war, um Quellen für meine Dissertation zu sammeln, studierte ich unter anderem in Krakauer Diözesanarchiv die Akten von/über Kardinal Sapieha. Adam Stefan Sapieha war von 1911 bis 1951 Erzbischof von Krakau. Er entstammt einem traditionsreichen polnischen Adelsgeschlecht und war ein echter Fürst.

Die Nazis schlossen nach ihrem Einmarsch in Polen im September 1939 alle polnischen Priesterseminare. Adam Sapieha entschloss sich, das Krakauer Priesterseminar im Untergrund weiterzuführen. 1942 trat Karol Wojtyla in das Krakauer Untergrundpriesterseminar ein. Da sowohl die polnische Regierung als auch der damalige polnische Primas, August Hlond, nach London geflüchtet waren, wurde Adam Sapieha während der schlimmen Zeit der Okupation von der polnischen Bevölkerung sehr geschätzt und geachtet. Er galt als geistlicher Führer der Polen.


Bei meinem Quellenstudium also fand ich einen Brief Adam Sapiehas an den Breslauer Kardinal Bertram. Der Brief muss aus dem Jahre 1941 gewesen sein. In diesem Brief schrieb Sapieha, dass er sehr besorgt um das Seelenheil der polnischen Zwangsarbeiter in Deutschland sei, denn ihm sei zu Ohren gekommen, dass die polnischen Zwangsarbeiter zunehmend moralisch verwahrlosen würden. Mit der moralischen Verwahrlosung meinte Sapieha einerseit die Verrohung (steigende Gewaltbereitschaft etc.), andererseits aber auch sexuelle Unzucht. Sapieha wollte polnische Priester zu den polnischen Zwangsarbeitern schicken, damit diese eben für die Seelen sorgten. Er bat Kardinal Bertram sich bei der Berliner Regierung für dieses Anliegen einzusetzen. (Bertram schrieb übrigens zurück, dass er selbst schon mehrere Male bei der Berliner Regierung darum gebeten habe, den polnischen Zwangsarbeitern Seelsorger schicken zu dürfen. Leider erfolglos.) 

Sapieha-Denkmal
Nach der Lektüre dieses Briefes war ich zutiefst erschüttert. Die Menschen damals haben so sehr gelitten. Auch Adam Sapieha hat sehr gelitten. Das Gestapo-Gefängnis war direkt neben seinem Bischofssitz und er konnte jede Nacht die Schreie seiner gefolterten Landsleute hören. Und dennoch hat Adam Sapieha nie vergessen, dass das wichtigste im Leben eines Menschen das Seelenheil ist. Er wollte polnische Priester in die Zwangsarbeitslager schicken, damit die Priester sich um das Seelenheil der Inhaftierten kümmern konnten.

Ich saß dort im Archiv und dachte: Wir heute leben in einem riesigen Komfort und haben es sehr gut. Man sollte also eigentlich meinen, dass wir alle Zeit der Welt hätten, uns um unsere Seelenheil zu kümmern. Schließlich müssen wir uns ja nicht mit solch schlimmen äußeren Umständen herumschlagen. Aber was tun wir stattdessen? Wir werden immer bequemer und bemühen uns gar nicht mehr, die Gebote Gottes einzuhalten. Stattdessen sagen wir: "Die Gebote Gottes sind zu anspruchsvoll. Das kann ja gar kein Mensch einhalten. Außerdem ist Gott barmherzig. Er vergibt alles." 

Dazu sagte der unvergleichliche Stefan Wyszynski: 
Stefan Wyszynski

"Wenn wir die Lehre der Kirche nicht einhalten können, bedeutet das nicht, dass die Lehre der Kirche zu anspruchsvoll ist, sondern es bedeutet, dass wir zu schwach sind."

"Nicht die Kirche muss sich der Welt anpassen, sondern die Welt muss sich dem Evangelium anpassen."


So einfach ist das.

Natürlich ist die Barmherzigkeit Gottes größer, als mein enger Verstand das fassen kann. Aber das heißt doch nicht, dass ich die Barmherzigkeit Gottes quasi als Freifahrschein zum Sündigen verstehen darf. Das wäre ein Missbrauch der Göttlichen Barmherzigkeit. Das Aufrichtige Bemühen, nach den Geboten Gottes zu leben und die Sünde zu meiden, sollte schon vorhanden sein.


An dieser Stelle noch ein Beispiel aus jüngster Zeit: Patriarch Sako rief die irakischen Christen zu strengem Fasten, Gebet und Buße bis zum Heiligen Abend auf.
Diejenigen Christen, die unter schwerer Verfolgung leiden und somit ohnehin schon sehr viele Opfer für ihren Glauben bringen, werden von ihrem Bischof aufgerufen, noch mehr Opfer zu bringen. Und die (west-)europäischen Christen?


Möge Adam Sapieha, mögen die leidenden Christen im Irak uns Mahnung sein, die Sache mit dem Seelenheil nicht allzu sehr auf die leicht Schulter zu nehmen.

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