Jasna Góra

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Dienstag, 15. November 2016

Ehe - Teil 3

Im letzten Teil war ich bei meinem ersten Polenaufenthalt stehen geblieben. Der war im Herbst 2010. Mein Professor hatte mir vorgeschlagen, mal en Praktikum im Polen zu machen, um meine Polnisch-Kenntnisse zu verbessern. Da ich plante, eine Dissertation zum polnischen Opfertopos zu schreiben, fand ich die Idee gut. Und suchte mir einen Praktikumsplatz. Es begann eine Zeit, wie im Rausch. Ich hatte damals keine konkreten Vorstellungen von Polen. Über mehrere Ecken (ein Mann aus dem Gebetskreis kannte einen Jesuiten, der einen Jesuiten in Krakau kannte, und der wiederum...) fand ich Unterkunft bei einer jungen, alleinstehenden, gläubigen Frau in Krakau. Sie wohnte in einer Einzimmerwohung (!) und ihre Cousine wohnte unter der Woche auch noch dort. Ich fand es toll, dass sie mich als Fremde bei sich aufnahm. Ich musste noch nichtmal Miete zahlen. Sie sagte, ich solle für sie beten.

Ich habe in dieser Stadt, die als zweites Rom gilt, Heimat gefunden, geistig und geistlich. Seit 2010 bin ich viele Male dorthin zurückkehrt, habe am Grab von Kardinal Wyszynski gebetet, vor dem verwundeten Antlitz der Muttergottes von Tschenstochau, am Grab Jerzy Popieluszkos. Die Arbeit an meiner Dissertation war sehr interessant. Zwar habe ich immer unter der Einsamkeit gelitten, dennoch kann ich sagen, dass es gute und erfüllte Jahre wahren. Ich habe viel gelernt und den katholischen Glauben ganz neu kennengelernt.

Anfang 2010 stieß ich auch auf das Internetportal KathTreff. Nachdem ich eine Weile hin und her überlegt hatte, meldete ich mich schließlich an. Es folgte sehr frustrierende Erfahrungen. Ich habe zwar viele Mails bekommen, ich habe mich auch mit einigen Männern getroffen, aber aus meiner Sicht war nie "der Richtige" dabei. Dabei war mir durchaus klar, dass kein Mensch perfekt ist. Auch wenn es mir teilweise vorgeworfen wurde, ich habe nicht den perfekten Mann gesucht, sondern denjenigen, der zu mir passt. Das ist ein Unterschied.

Es ist sehr frustrierend, wenn man Zeit (viel Zeit) und Geld investiert, zu Treffen fährt, auch Hoffnungen hegt, und dann feststellt, dass es irgendwie nicht passt. Ich fragte mich, ob ich zu hohe Ansprüche an einen Mann habe, ich fragte micht, ob Gott gar nicht möchte, dass ich heirate. Ich fragte mich, ob ich nicht genug Zeit in die Partnersuche investiere. (Ich habe beispielsweise nur sehr selten gechattet, weil diese Gespräche im Chat oft sehr lange gedauert haben, und ich aber auch abends immer noch ein bisschen arbeite, als Studentin hat man immer Arbeit.)

Außerdem hat mein Beichtvater, der auch meine geistliche Begleitung war, immer gesagt, dass ich alleine bleiben solle. Zunächst einmal dachte ich, dass das dann wohl der Wille Gottes ist, dass ich alleine bleiben soll. Das Problem war, dass ich diese Vorstellung nicht annehmen konnte. Ich habe es zwar versucht, aber innerlich hat sich alles dagegen gesträubt. Das ging mehrere Jahre so. Bis mir eines Tages der Gedanke kam, dass die Meinung meines Beichtvaters nicht zwangsläufig mit der Meinung Gottes übereinstimmen muss. Dieser Gedanke wurde immer lauter. Bis ich eines Tages beschloss, den Beichtvater zu wechseln. In der ersten Beicht beim neuen Beichtvater ist eine riesige Last von mir abgefallen. Auf seinen Rat hin habe ich mich dann nocheinmal bei KathTreff angemeldet und es hat zwar noch etwas gedauert, aber dann hat es geklappt.

Offenbar gibt es vor allem von - sagen wir - weltlicher Seite Kritik an KathTreff. Da ist von arrangierten Ehen die Rede. Nicht wenige Ehepaare lernen sich heute im Internet über Partnerbörsen kennen. Bei Parship etc. käme niemand auf die Idee von arrangierten Ehen zu reden, wenn aber Katholiken so etwas anbieten, redet man von arrangierten Ehen.

Ich jedenfalls bin - alles in allem - froh, dass es KathTreff gibt. Einen gläubigen Partner findet man heutzutage ja nicht einfach vor der Haustür. Nun kann man fragen (und viele Leute haben das auch gefragt): "Warum muss denn dein Ehemann unbedingt gläubig sein? Es gibt doch auch nette nichtgläubige Männer." Ja, die gibt es sicherlich, aber Nettsein allein reicht nicht für die Liebe. Und es reicht auch nicht für eine Ehe. Eine Frau hat mich sogar mal gefragt: "Ja, aber wenn du dich verliebst in einen evangelischen oder atheistischen Mann, dann würdest du den doch auch heiraten, oder nicht?" Und ich konnte nur sagen: "Das wird nicht passieren, dass ich mich in einen Mann verliebe, der kein gläubiger Katholik ist."

Man mag das jetzt komisch oder intolerant finden, aber wenn man schon 30 Jahre alt ist, hat man sich schon viele Gedanken gemacht über die Ehe. Da ist Liebe nicht nur ein Gefühl, dass einen sozusagen übermannt, sondern auch eine bewusste Entscheidung. Da weiß man auch, dass zu einer Ehe nicht nur das Verliebtsein gehört, sondern dass das Fundament stimmen muss. Und dieses Fundament ist Gott, ist der Glaube. Gott ist der Mittelpunkt meines Lebens. Und von diesem Mittelpunkt hängt alles ab. Meine Lebensgestaltung, meine Einstellung in verschiedenen ethischen oder gar politischen Fragen. Sogar mein Eheverständnis hängt vom Glauben ab. Wie soll ich eine Ehe führen mit jemandem, der unter Ehe etwas völlig anderes vertseht als ich?

Übrigens: Die Eltern von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI haben sich über eine Heiratsanzeige kennengelernt :)

Was mir all die Jahre gefehlt hat, war ein bisschen Rückenstärkung durch "meine" Kirche. Das muss ich wohl näher erklären: Es ist in der heutigen Zeit für junge Menschen nicht leicht, den katholischen Glauben zu leben. Man steht im alltäglichen Umfeld oft allein da. Auch ist es nicht leicht, beispielsweise die Keuschheit vor der Ehe zu leben. In alltäglichen Umfeld und sogar von ärztlicher Seite wird den Jugendlichen etwas anderes eingeredet. Umso mehr sollten katholische Geistliche sich eigentlich freuen, wenn sie auf junge Leute treffen, die sich wirklich bemühen, die Keuschheit zu leben. Sie sollten sich freuen und diese Jugendlichen unterstützen. Doch leider fehlt diese Unterstützung und Wertschätzung oft. Wie oft habe ich erlebt, dass ein Leben der Enthaltsamkeit sogar von katholischen Priestern in Frage gestellt wurde. Das Sakrament der Ehe wird heutzutag im Grunde genommen jedem hinterhergeworfen, der daher gelaufen kommt. Da wird nicht mehr gefragt, ob die Leute sich auch bemühen, ein gottesfürchtiges Leben zu führen, auch in Sachen Sexualität. Und wie selten hört man in einer Predigt mal ein paar Worte zu diesem doch sehr wichtigen Thema.

Umso dankbarer war ich, wenn ich etwa beim Forum der Gemeinschaft Emmanuel Priester treffen konnte, die für die "katholische Sexualmoral" einstanden und die jungen Leuten auf wirklich packende Weise vermitteln konnten, warum beispielsweise die Keuschheit vor der Ehe wichtig und richtig ist.