Jasna Góra

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Sonntag, 22. November 2015

Vor 50 Jahren: Der Briefwechsel zwischen den polnischen und den deutschen Bischöfen

"Wir vergeben und bitten um Vergebung"
Mein Lieblingsdenkmal


So lautete der wohl wichtigste Satz eines Briefe, den die polnischen Bischöfe am 18. November 1965 am Rande des Zweiten Vatikanischen Konzils ihren deutschen Amtsbrüdern überreichten.

Dieser Brief war neben der Ostdenkschrift der evangelischen Kirchen ein wichtiger Schritt zur deutsch-polnischen Verständigung und Versöhnung. Da die Versöhnung auf politischer Ebene nicht stattfand, haben die Kirchen hier die Initiative ergriffen und einen sehr wichtigen Beitrag zur Versöhnung geleistet.

Von links: Karol Wojtyla, Antoni Baraniak, Stefan Wyszynski, Boleslaw Kominek

Der Brief der polnischen Bischöfe war ein sehr mutiger Schritt. Den polnischen Bischöfen war bewusst, dass sie mit diesem Brief sozusagen inst Visier der kommunistischen Regierung geraten würden. Und die kommunistische Regierung war ohnehin nicht zimperlich im Umgang mit der Kirche. Tatsächlich war die kommunistische Regierung erzürnt über den Brief. Die Wut der Regierung hatte vor allem zwei Gründe: Die Regierung störte sich daran, dass die polnischen Bischöfe sich in die Außenpolitik eingemischt hatten. Die Regierung störte sich aber vor allem an dem Teilsatz "...und bitten um Vergebung".

Mit diesem Teilsatz gaben die polnischen Bischöfe zu, dass auch Polen den Deutschen Leid zugefügt hatten (zum Beispiel bei den Vertreibungen). Genau dieses Thema war aber im öffentlichen Diskurs des kommunistischen Polen tabu. Die kommunistische Regierung war der Auffassung, dass Polen nicht um Vergebung bitten müsse. Zudem fuhr die Regierung Gomulka außenpolitisch eher eine antideutsche Linie.

Auch große Teile der polnischen Bevölkerung taten sich mit dem Teilsatz "...und bitten um Vergebung" schwer.

Boleslaw Kominek
Die polnische Regierung startete eine Kampagne gegen die katholische Kirche Polens. Die polnischen Bischöfe, besonders der Primas von Polen, wurden in den staatlichen Medien angegriffen und als Verräter dargestellt. Priester wurden unter Druck gesetzt.

Leider fiel die Antwort der deutschen Bischöfe sehr ernüchternd aus. Die deutschen Bischöfe blieben weit hinter der Großherzigkeit und dem Mut der polnischen Bischöfe zurück.
"Bis heute überrascht mich die kühle und kühne Antwort der deutschen Bischöfe. Die polnischen Bischöfe haben in einem kommunistischen System, in dem sie dauerhaft unterdrückt wurden, sich gewagt, metapolitisch zu denken. Außerhalb des kommunistischen Systems etwas zu erwähnen, was für damalige Verhältnisse absoluter Tabubruch war: dass Polen und Deutsche tatsächlich versöhnt sein können." (So Jörg Lüer im Deutschlandfunk)
Dies wiederum gab den Kritikern der polnischen Bischöfe Rückenwind.

Und dennoch: Die kommunistische Regierung startete eine landesweite Plakataktion. Auf diesen Plakaten stand geschrieben: "Wir vergeben nicht". Bei Nacht und Nebel schrieben Unbekannte darunter: Katyn. (Ich verweise an dieser Stelle nochmal kurz auf den Film über Katyn von Andrzej Wajda.) Auf diese Weise wurden die Plakate zum Bumerang für die polnische Regierung.
Bei den Millenniums-Feierlichkeiten im Jahre 1966 fragte Stefan Wyszynski die anwesenden Gläubigen: "Vergebt ihr?" Und die Gläubigen antworteten: "Wir vergeben."

Verfasser des Briefes war Boleslaw Kominek, Erzbischof von Breslau.

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