Jasna Góra

Jasna Góra

Sonntag, 20. Dezember 2015

21. Dezember 2013

Im Dezember 2013 fuhr ich am 21. nach Poznan/Posen. Ich hatte einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt in Polen hinter mir und war auf dem Weg zurück nach Deutschland.
Und nachdem ich in den Archiven Selbstzeugnisse von KZ-Überlebenden und von Häftlingen der kommunistischen Ära gelesen hatten, wollte ich in Poznan eigentlich mal von der Vergangenheit in Ruhe gelassen werden und einfach nur den Advent genießen.
Über den Dächern von Poznan

Ich schlenderte am Schaufenster einer katholischen Buchhandlung vorbei. Ich schaute aber nicht ins Schaufenster, sondern geradeaus. Plötzlich merkte ich, dass mich ein trauriges Paar Augen anschaute. Und obwohl ich diesen Blick nur mit dem rechten Augenwinkel wahrgenommen hatte, wusste ich doch sofort, wem diese Augen gehören: Antoni Baraniak. Auch ein Märtyrer.

Ich war genervt. Ich dachte: "Hat man in diesem Land eigentlich nie Ruhe von der Vergangenheit?" Da ich Antoni Baraniak nun aber schon gesehen hatte, wandte ich mich um und schaute mir das Schaufenster an. Da lagen einige Bücher von und über Antoni Baraniak. Und während ich die Bücher musterte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich war in Poznan. Antoni Baraniak war Bischof von Poznan gewesen. Kein Wunder also, dass in Poznan Bücher über ihn verkauft werden.

Nun, da mich die Vergangenheit doch wieder nicht in Ruhe ließ, beschloss ich, noch zur Kathedrale zu wandern, dort würde ich sicher das Grab von Antoni Baraniak finden. Das war auch so. Doch bevor ich sein Grab fand, fand ich noch etwas anderes.
Kathedrale von Poznan

Dieses "etwas" befand sich in einer Seitenkapelle. Und obwohl es schon sehr dunkel war und ich erst nur die Umrisse wahrnahm, wusste ich doch sofort, was es ist, nämlich ein Denkmal für die in Dachau ermordeten Priester.

Und natürlich hing in der Barockkirche, in der ich am Abend die Hl. Messe besuchte, ein Bild von Maximilian Kolbe.

So viel also zum entspannten und vergangenheitsfreien Advent.

Da die meisten Deutschen mit dem Namen Antoni Baraniak wohl nichts anzufangen wissen, hier ein kurzer Abriss seines Lebens:

Antoni Baraniak wurde 1904 geboren. Im Jahren 1930 erhielt er aus den Händen des Krakauer Erzbischofs, Adam Sapieha, die Priesterweihe.

1933 bis 1948 war er Sekretär und Kaplan des Primas von Polen, August Kardinal Hlond. Als Kardinal Hlond nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 ins Exil ging, ging Antoni Baraniak mit ihm. 1945 kehrten beide zurück nach Polen. Nach dem Tode Kardinal Hlonds beließ der neue Primas, Wyszyński, Antoni Baraniak in seinen Ämtern. Baraniak war sein Sekretär und engster Vertrauter. Von 1957 bis zu seinem Tod 1977 war Antoni Baraniak Erzbischof von Posen.

Als Stefan Wyszynski am 25. September 1953 verhaftet wurde, wurde Antoni Baraniak ebenfalls verhaftet. Er kam nach Mokotów. Das Gefängnis in Warschau-Mokotów war ein berüchtigtes Gefängnis, in dem der Kommunistische Geheimdienst Regimekritier und Angehörige der Armia Krajowa gefangen hielt, folterte und tötete.

Antoni Baraniak wurde monatelang stundenlang verhört, musste tagelang ohne Kleidung in einer völlig verdreckten Zelle verbringen, bekam keine medizinische Hilfe, als er krank war.
Die Kommunisten hatten wohl die Absicht, Antoni Baraniak dazu zu bringen, in einem Schauprozess gegen den zeitgleich inhaftierten Kardinal Wyszynski auszusagen.

Doch Antoni Baraniak hielt stand. Er ertrug die vielen Qualen. Der stille Märtyrer wird er auch genannt.

Ein Schauprozess gegen Kardinal Wyszynski fand nie statt. Am 28. Oktober 1956 wurde er freigelassen und konnte auf seinen Bischofssitz zurückkehren. Ein paar Tage später wurde auch Antoni Baraniak freigelassen.

Am 2. November 1956 besuchten Stefan Wyszyski und Antoni Baraniak gemeinsam Jasna Góra.
Wyszynski sagte:

"Wir kamen zusammen hierher, denn wir haben beide dasselbe Los durchlebt mit dem Unterschied, dass Bischof Baraniak mehr erduldet hat als ich und auch mehr Qualen erfahren hat. Er ging durch eine noch ärgere Prüfung, die seine Gesundheit untergrub, während es dem Herrngott gefiel, mich bisher zu verschonen und mir meine Gesundheit und Kräfte zu erhalten. Wir kommen hierher, um das, was uns geblieben ist, demütig zu den Füßen unserer Mutter und Königin niederzulegen. Wir bringen ihr das zusammen mit all dem erlittenen Leid, den Prüfungen, Beschwernissen, die Gott uns zuteil werden ließ."

Man muss dazu sagen, dass die übrigen polnischen Bischöfe, die 1953 nicht verhaftet wurden, sondern in Freiheit bleiben konnten, ihrem Primas in den Rücken gefallen sind, und einen Eid auf die Verfassung des Staates ablegten, den abzulegen Wyszynski sich geweiger hatte.

Vor diesem Hintergrund strahlen die Treue und die Standhaftigkeit von Antoni Baraniak noch heller. 



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