Jasna Góra

Jasna Góra

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Aufsehen

Sonntags am späten Nachmittag wird in unserer Pfarrei immer die Vesper gesungen.
Und manchmal gehe ich hin und singe auch mit.

In der Regel wird die Vesper von einem Mann geleitet, nennen wir ihn Herrn X. Jedenfalls läuft das so, dass Herr X die Nummer des jeweiligen Psalms ansagt und dann blättern alle in ihren Heften, schlagen den Psalm auf und dann singen wir los.

Nun bin ich schwerhörig und verstehe nicht immer, welche Nummer Herr X nennt. Das kommt vor allem dann vor, wenn ich meinen Blick noch auf das Heft gerichtet habe, auf den Psalm, den wir gerade gesungen haben, und Herr X dann schon den nächsten Psalm nennt.

Dann warte ich einfach, bis mein Sitznachbar fertig geblättert hat und schaue dann, welche Seite er aufgeschlagen hat. Ist eigentlich ganz simpel, führt nur dazu, dass die anderen dann schon anfangen zu singen, während ich noch blättere. Macht aber eigentlich nichts, ich bin das gewohnt.

Neulich aber war es anders. Herr X hat jedesmal ausdrücklich gewartet, bis ich die Seite auch aufgeschlagen hatte. Da er dabei immer in meine Richtung geschaut hat, haben irgendwann alle Leute in meine Richtung geschaut. Im Grunde genommen war es ja sehr nett gemeint von Herrn X, dass er auf mich gewartet hat, aber ich fühlte mich wie auf dem Präsentierteller.

Alexander Görsdorf formuliert es so:
"Dieses Einfrieren der Handlung und das Gefühl, ungewollt, aber gut beleuchtet in der Mitte des Raumes zu stehen, begleitete mich seit meiner Kindheit." (Görsdorf: Taube Nuss, 2013, S. 12.)

Ja, mich begleitet dieses Gefühl auch seit meiner Kindheit. Unangenehm.

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