Jasna Góra

Jasna Góra

Sonntag, 4. Januar 2015

Schwuppdiwupp

Im Moment scheine ich ein Abo darauf zu haben, schwuppdiwupp aus einem Gespräch rauszufliegen.

Vor ein paar Tagen stand ich im Gespräch mich einer Freundin und dann kam eine Familie hinzu (4 Personen) und schwuppdiwupp unterhielten sich nur noch meine Freundin und die Familie, während ich überhaupt nicht mehr mitkam. Ich war also immer noch anwesend, aber am Gespräch konnte ich mich nicht beteiligen. Ich stand also nur noch rum und fühlte mich überflüssig.

Ebenfalls vor ein paar Tagen stand ich im Gespräch mit einer Freundin und dann kamen zwei andere Freundinnen und - schwuppdiwupp - bekam ich wieder nichts mit von dem Gespräch. Dabei hatten besagte Freundin und ich unser Gespräch noch gar nicht richtig beendet. Ich verdrückte mich.

Und heute morgen stand ich wieder im Gespräch mit einer Freundin, dann kam eine andere Frau vorbei, und schwuppdiwupp unterhielten sich wieder nur die beiden, und ich war außen vor.

Äh ... und jetzt? Was macht man dann am besten? Rumstehen, bis die Guthörenden fertig sind? Sich verdrücken? Sagen, dass man gerne auch am Gespräch teilhaben würde?

Ich weiß, die Guthörenden meinen das nicht böse. In zwei Fällen immerhin ist jeweils einem der Beteiligten dann auch irgendwann aufgefallen, dass ich plötzlich außen vor war. Auch wenn ich weiß, dass die Guthörenden es meist nicht böse meinen, auch wenn ich weiß, dass sie mich meist nicht absichtlich ausschließen, frustrierend ist es trotzdem.

Es ist auch deswegen frustrierend, weil ich als Schwerhörige niemals (wirklich niemals) andere Leute im Gespräch unterbreche. Ich warte immer so lange, bis die Leute fertig sind. Wenn es dringend ist, warte ich ab, bis eine Pause im Gespräch entsteht, in der ich dann kurz frage, ob ich stören darf. Warum mache ist das? Weil meine Lebenserfahrung ist, dass es scheiße ist, wenn jemand einfach so in ein Gespräch hineinplatzt.
Das dumme an der ganzen Sache ist nun, dass ich also versuche, rücksichtsvoll zu sein, die Guthörenden jedoch dieses rücksichtsvolle Verhalten umgekehrt nicht an den Tag legen, obwohl ich auf diese Rücksichtnahme dringend angewiesen bin.

In Gruppengesprächen mit Guthörenden fühlt man sich als Schwerhöriger oft, als wäre man gar nicht da. Als wäre man Luft.
Besonders schön ist es immer, wenn einem Guthörenden plötzlich auffällt, dass da in der Runde noch jemand ist. Dann kommt immer der Klassiker, den alle Schwerhörige kennen: Der Guthörende wendet sich an den Schwerhörigen und fragt extra laut: "Was sagts du denn dazu?" Das muss man sich mal vorstellen: Man hat den ganzen Abend mit lauter Guthörenden am Tisch gesessen, hat von dem Gespräch kein Wort verstanden und dann kommt diese Frage. Alle Anwesenden verstummen und starren den Schwerhörigen an.

Ja, was sagt man dann? Ich sage meistens: "Sorry, ich weiß nicht genau, worum es gerade geht." Dann beginnt der Fragesteller umständlich zu erklären, worum es zuvor ging, und bevor ich als Schwerhörige überhaupt die Möglichkeit habe, meine Meinung kundzutun, haben alle Guthörenden sich schon das Interesse verloren, wenden sich wieder ab und reden ohne mich weiter. Der Fragesteller kann sich natürlich nicht so ohne Weiteres abwenden, aber irgendwann will auch er gerne wieder mit den anderen reden. Nicht umsonst schreibt Alexander Görsdorf, dass er sich auf Netzwerkertreffen (die ja eigentlich zum Kennenlernen gedacht sind) regelmäßig auf der Toilette versteckte, nur um nicht allein herumszustehen (Alexander Görsdorf: Taube Nuss, Reinbek beih Hamuburg 2013, S. 17).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen