Jasna Góra

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Samstag, 1. November 2014

Allerseelen




 Ich weiß, der Brauch, auf den Friedhof zu gehen, für die Verstorbenen zu beten und die Gräber zu segnen, gehört eigentlich zu Allerseelen und heute ist Allerheiligen. Für mich gehören aber beide Feste zusammen, und ich finde Allerseelen fast noch schöner und tröstlicher, als Allerheiligen.

Während in Deutschland (zumindes in meiner Heimat) bei der Gräbersegnung immer bleierne Begräbnisstimmung herrscht, hat das Ganze in Polen eine würdevolle und hoffnungfrohe, fast schon heitere Stimmung.

"Der schönste kirchliche Feiertag in Polen ist der erste November, also Allerheiligen. An diesem Tag ist das ganze Land in Bewegung. Fast jeder Pole besucht die Gräber seiner Angehörigen und nimmt dafür zehnstündige Zugfahrten in Kauf. Vor den Friedhöfen parken kilometerlange Autokolonnen, die Polizei dirigiert Sonderbusse durch das Chaos. An den Toren werden tonnenweise Ewige Lämpchen und Blumen verkauft."

So schildert es Steffen Möller in seinem Buch "Viva Polonia. Als deutscher Gastarbeiter in Polen", das 2009 im Fischer Verlag erschien.


Gut, da wird auch schon mal übertrieben, wenn zum Beispiel vor den Toren nicht nur Blumen und Kerzen, sondern auch Lufballons, klebrige Bonbons (die in Warschau den recht zweifelhaften Namen "Häutchen des Herrn" tragen) und noch allerlei andere Dinge verkauft werden. Aber gibt es ein schöneres Bild für die christliche Hoffnung als Kinder mit Luftballons, die am Grab der Angehörigen ein Gebet sprechen?

Auch werde ich nie vergessen, wie ich in einem Dorf einen Priester in Soutane, Chorhemd, lila Stola, Rauchmantel und Birett zum Friedhof eilen sah. (Er hat übrigens noch Herz-Hesu-Gebetsbildchen verteilt. Als er erfuhr, dass ich aus Deutschland komme, hat er mir den ganzen Stapel in die Hand gedrückt und gemeint, ich solle das verteilen. Der hat gewiss gewusst, dass wir in Deutschland das brauchen.)  

Der ehrwürdigste aller polnischen Friedhöfe, ist der Warschauer Powazki-Friedhof. Dort sind viele berümte Polen bestattet, aber auch hunderte Pfadfinder, die während des Warschauer Aufstandes starben, oder Grzegorz Przemyk, ein Abiturient, der 1984 von kommunistischen Milizionären zu Tode geprügelt wurde. Außerdem gibt es sehr viele Monumente, die der Opfer des Zweiten Weltkrieges oder anderer Ereignisse gedenken. In den Tagen um den ersten November herum ist halb Warschau unterwegs, um an jenen Grabmälern und Denkmälern Kerzen aufzustellen. Ich finde diese Ehrerbietung gegenüber den Opfern von Krieg und Gewalt sehr schön.    

Zum Schluss gibt es noch Fotos von meinen Besuchen auf dem Powazki Friedhof und einen Link zu einer Predigt von Kardinal Meisner, die mir sehr gefällt: http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/alterzbischof_meisner/predigten_hirtenworten_ansprachen/Predigten/jcm_pr_081102-allerseelen.pdf






1 Kommentar:

  1. Wunderschön, die Bilder - und auch die Predigt von Kardinal Meisner. Danke! Ich finde Allerseelen auch ganz besonders schön und tröstlich. Fand ich schon als Kind. Da hatte ich so die Vorstellung: Allerheiligen ist für die Heiligen - und Allerseelen für die ganz "normalen" Verstorbenen, zu deren Gräbern Mutter und Oma mit uns gingen.

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